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     "Warum mußten wir mit 16 Jahren Flakgeschütze bedienen?"
     Die Geschichte der Kölner Luftwaffenhelfer
von Hermann Josef Falkenstein
 
Start Vorgeschichte Ausbildung Luftabwehr Einsatz Luftkrieg Kriegsende
 
         Die Ausbildung
 
Mittwoch, 5. Januar 1944, 9:00 Uhr

Nach langwierigen Verhandlungen mit dem Ministerrat, der Reichsjugendführung und dem Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung sowie anderen Behörden, genehmigte Hitler am 2. Januar 1943 endgültig den Kriegseinsatz der deutschen Jugend unter bestimmten Bedingungen, zu den auch diese gehörte, dass die infragekommenden Schüler bei Flakeinheiten eingesetzt würden, die in der Nähe der Schulen und/oder der Elternhäuser lägen.
Gemäß dem Heranziehungsbescheid fanden wir uns am Mittwochmorgen 5.Januar 1994 teils mit Koffer, teils mit voll gepackten Kartons bei unserer Schule ein, wo uns ein Wachtmeister, ein Unteroffizier und unser Klassenlehrer erwarteten, der uns, nachdem wir vollzählig waren, mit merklicher Beklommenheit verabschiedete. Weder er noch wir wußten, wohin die Reise ging, die wir nun zu Fuß oder aber auf einem Wehrmachts-LKW aber wohl mit gemischten Gefühlen antraten. Die Fahrt währte aber nicht lang bis wir in die Flakkaserne in Ossendorf einbogen.

Nachzutragen habe ich noch, dass wir uns kurz vor Weihnachten beim Gesundheitsamt zu einer ärtztlichen Voruntersuchung einzufinden hatten. Diese war kurz und knapp und wer keine Plattfüße, ansteckende Krankheiten oder chronisch krank war wurde für „Tauglich“ erklärt.


In der Kaserne angekommen, wurde uns im Block 12 eine Stube mit 8 oder 12 doppelstöckigen Feld- betten zugewiesen. Da standen wir nun und warteten mit gemischten Gefühlen auf das was nun kommen würde. Nach kurzer Zeit erschien ein Leutnant mit Unteroffiziersbegleitung und belehrte uns militärisch kurz, wie wir uns zukünftig im Dienst gegenüber Vorgesetzten zu verhalten hätten und dass stramme Haltung anzunehmen und zu grüßen, sei wenn er oder jeder andere Vorgesetzte mit uns spreche!
Das aber werde uns in den nächsten Tagen neben Anderem noch beigebracht. Die moderate Tonlage des Leutnants wirkte sich dann entspannend auf unsere Gemütslage aus! Nach dessen Abgang machten wir uns dann mit unserer „Stube“ und deren Möblierung vertraut, die, wie schon erwähnt, aus den Feldbetten mit Strohmatratzen, einem ebensolchen Kopfkissen, einem Leintuch und einer Wolldecke bestand. Dann gab es, wie ich glaube, Doppelspinde, die wir uns zu Zweit teilten.

Nachdem ein Stubenältester bestimmt war, und uns eine kurze Zeit zum Einrichten gegeben wurde, kam der 1.Befehl, wonach wir in 20 Minuten auf dem Kasernenhof anzutreten hätten.

Da wir dies schon zur Genüge bei der HJ geübt hatten, klappte das, und wir wurden danach in die Kleiderkammer geführt, wo uns Uniform, Drillichzeug, Stahlhelm, Dienstmütze, Schuhe und sonstige Gegenstände, die zur Ausrüstung eines Mitgliedes der Luftwaffe gehörten, "verpasst" wurden. Reklamationen wegen falscher Größe wurden mit barschen Kommentaren bedacht wenn auch nicht bei Jedem mit Freude! Dass dies keine Maßkonfektionen waren, merkten wir dann beim Anziehen, wofür uns erstmal nur soviel Zeit blieb, um aus den Zivilkleidern in das DrillIichzeug zu schlüpfen, in dem wir uns 10 Minuten später auf dem Kasernenhof „vorstellen“ mussten.

Dort stellte sich auch unser zukünftiger „Spieß“, ein Hauptwachtmeister mit einem für unsere Ohren eher „unfreundlichen“ Ton vor. In seiner „Begrüßungsansprache“ versicherte Er, uns in den nächsten Wochen zu ordentlichen Mitgliedern der Deutschen Luftwaffe zumachen. Es war der 5. Januar und wir froren nicht nur wegen der Kälte, sondern auch wegen der wenig warmen Begrüssungsansprache!

Damit begann eine ca. 6 - wöchige Grundausbildung. Des öfteren auch auf dem mit schwarzer Kesselasche belegten Kasernenhof, auf dem wir uns gelegentlich horizontal in enger Bodenberührung bewegen mussten, wobei die Kesselasche äußerst unangenehme Eindrücke an Armen und Knien, aber auch am weißen Drillichzeug hinterließ, wofür wir anschließend „angeschissen“ wurden. Es sei an dieser Stelle noch vermerkt, dass die Flakkaserne in Ossendorf das zentrale Luftwaffenhelfer- Ausbildungskommando der 7.Flakdivision war. Daneben waren weitere Ausbildungslager in Klettenberg, am Fühlinger See, in den Flakkasernen Dellbrück und Ostheim und in der Großbatterie Gremberg eingerichtet um die Batterien später von der Ausbildung zu entlasten.

Luftwaffenhelfer
Da es leider kein Foto von uns aus der Zeit in der Kaserne in Ossendorf gibt, habe ich dieses Foto von einem meiner Freunde eingefügt, der ein Jahr vorher dort „ausgebildet“ wurde. Viel anders sahen wir damals auch nicht aus. 
Luftwaffenhelfer Hermann Josef Falkenstein 1944 
Luftwaffenhelfer Hermann Josef Falkenstein 1944 
Wenn ich mich recht erinnere, begann der Tag mit dem Wecken um 7:00 Uhr. Dies geschah durch lautes Trillenpfeifen und Weckrufen eines Unteroffiziers. Bis 8:00 Uhr war Frühstück und Stubendienst. Ohne Voranmeldung und deshalb auch gefürchtet waren die öfteren Stubenappelle. Gefürchtet wegen der oftmals unglaublichen Schikanen. So mussten beispielsweise unsere Hemden, die Unterwäsche und Uniform teile „auf Kante“ im Spind liegen. War das nicht der Fall, und dabei entschieden manchmal Millimeter, dann flog alles auf den Boden, oder: war das zweite Paar im Spind stehender Schuhe nicht blank geputzt, wurde, wenn noch Asche im Ofen war, diese in die Schuhe geschüttet. Kurz nach dem Appell mussten diese dann erneut vorgezeigt werden und, wehe wenn dann die Nähte nicht „rein weiß“ waren, mussten man erneut antreten und die Schuhe präsentieren.
Bedienung 2cm Flak
Grafik aus einem Lehrbuch für 2 cm-Flugabwehrgeschütze









Die Krone der stupiden Schleiferei aber war der Appell, bei dem auf einem Bett die 2.Wolldecke nicht akurat gefaltet war- das ganze Bettzeug wurde dann auf den Boden geworfen und ein Teil des aus der Matratze gerissenen Strohs darüber gestreut. Bei einer anderen Gelegenheit wurde die Asche aus der nicht geleerten Ascheschublade auf den Boden geschüttet und mit dem Rest aus der Kaffeekanne übergossen und verrührt. Wir mussten dann in kurzer Zeit den ordnungsgemäßen Zustand der Stube melden, die dann erneut abgenommen wurde. Es kann sein, dass das Beschriebene sich nicht in der Kaserne sondern später in der Flakstellung am Butzweilerhof sich zugetragen hat, was die Sache aber nicht erquicklicher macht!

Nach den Stubenappellen war Marschieren, Kehrtwendungen und vorschriftsmäßiges Grüßen auf dem Exerzierplatz sowie Einweisungen an Geschützen die Regel. Die Nachmittage waren dann mit theoretischen Unterweisungen über Geschütze, deren Einzelteile, Wartung und Pflege sowie die Funktion und Wirkungsweise verschiedener Visiere und nicht zuletzt die Art und Wirkung der Munition ausgefüllt, was für uns von besonderen Interesse war, wozu auch die Theorie der Geschoßballistik und die Schießlehre gehörten.

Aufgrund der Anforderungen der einzelnen Batterien wurden bei der Ausbildung schon Gruppen gebildet, die dann für den Einsatz an „Leichten, Mittleren oder Schweren Geschützen“ geschult wurden. Wir wurden zur „Leichten Flak„ eingeteilt und fanden die Unterrichtungen so interessant, dass ich noch Heute Passagen der Vorschriften aufsagen kann, wie :
„Die 2 cm Flak 30 ist eine vollautomatische Waffe zur Bekämpfung von Luft - Land - und Seezielen, Sie besteht aus ..... usw.....“
 

   
  Die Flakkaserne in Ossendorf und ihre Kurzgeschichte
 
Die EInladungskarte zum Richtfest der Flakkaserne in Köln-Ossendorf.
Bitte bewegen Sie den Cursor über das Bild.
Am 7. März 1936 rückten deutsche Truppen in das seit dem Ende des verlorenen 1. Weltkrieges entmilitarisierte und zeitweise besetzte Rheinland ein.
Einmarsch 1. Flak Rgt 19 Hohenzollernbrücke KölnDie erste Militäreinheit, die über die Hohenzollernbrücke auf die linke Rheinseite marschierte, war die 1. Abteilung des Flakregimentes 19 die am 7. März 1936 in die neu erbaute Kaserne in Köln-Ossendorf einrückte. Ossendorf lag in der bis dahin entmilitarisierten, unter Kontrolle der Alliierten stehenden Zone, die trotzdem zusahen, wie unter ihren Augen in dieser Zone Militäranlagen errichtet und von deutschen Militär belegt wurden und die auch nicht reagierten, als Hitler am selben Tag durch ein Memorandum den so genannten Locarnovertrag, der solches untersagte, für Null und Nichtig erklärte, nachdem er zuvor schon vertragswidrig die Allgemeine Wehrpflicht eingeführt hatte.


Flak Kaserne Köln Ossendorf Butzweilerstr.Historische Fotos aus jener Zeit sind sehr selten, weil einmal das Fotografieren von militärischen Anlagen streng verboten war und solche Aufnahmen, wenn sie denn trotzdem gemacht wurden, in den Kriegswirren und Bombennächten und jenseits der Flughafenstraße das Offizierskasino. Die gesamte Kaserne wie auch das Offizierskasino haben die Kriegszeiten nahezu unbeschädigt überstanden und wurden nach dem Krieg vom belgischen Militär lange Jahre belegt.

Eingangstor der Flakkaserne OssendorfDerzeit, im Jahre 2004, werden die Gebäude renoviert und unter Beibehaltung der historischen Architektur zu Wohnungen ausgebaut. Was dabei mit dem ehemaligen Kasernen-Eingangsbereich geschieht, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennbar, weil dieser noch im historischen Zustand war. Vom künstlerisch gestalteten schmiedeeisernen Tore von Carl Wyland, der auch das Eingangstor des Flughafen Butzweilerhof gestaltet hat, ist nur noch das feste Mittelteil erhalten, aber soweit entnazifiziert als man die im nebenstehenden, historischen Foto lesbare Inschrift und den darüber schwebenden, das Hackenkreuz in seinen Fängen haltenden Wehrmachtsadler der Luftwaffe entfernt hat. An dessen Stelle ist ein Wappenschild montiert der von den belgischen Besatzungstruppen dort belassen wurde. Die beiden Flügel des Tores wurden in den 80er oder 90er Jahren aus einer Garage gestohlen.


In den Jahren des Aufbaues der Flakartillerie und ab 1936 unterlag die Benennungen der Flakeinheiten ständigen Änderungen die nicht zuletzt der Täuschung über die Stärke der Flak dienen sollten. So hieß die 1. Abteilung des Flakregiments19 ein Jahr später I./Flakregiment 74, wie das nebenstehende Foto zeigt.
 

     
Am Ende der 4-wöchigen Grundausbildung fand die „Verpflichtung der Luftwaffenhelfer" statt. Dazu waren wir mit ca. 170 weiteren Luftwaffenhelfern auf dem Kasernenhof in 3er Reihen angetreten, wo zwischen zwei 2cm Flakgeschützen ein Offizier, flankiert von zwei Oberfeldwebeln mit gesenkter Kriegsflagge stand. Mehrere Luftwaffenhelfer hatten sich zu beiden Seiten der Fahne so aufgestellt, dass sie mit der linken Hand die Flagge berührten und die rechte Hand zum Schwur erhoben hatten, worauf Alle den von dem Offizier vorgesprochenen Text laut wiederholen mussten. Zwei Kameraden und ich nahmen an dieser Veranstaltung nicht teil, weil wir im Krankenrevier lagen und von dort aus das Geschehen beobachteten.
Dieser Aufenthalt in der Krankenstube, der nur 2 Tage währte, kam durch die Anweisung des Sanitäts-Unteroffiziers Vollmer zustande. Dieser war bis zu seiner Einberufung Kaplan in unserer Kirchengemeinde St. Barbara und hatte uns tags zuvor durch Verabreichung einer größeren Dosis „Prontosil-Tabletten“ auf höhere Temperatur gebracht, die nur durch Bettruhe abgebaut werden konnte! Dadurch kamen wir, wenn auch nur moralisch, um einen Schwur auf den „Führer“ herum.

Die Verpflichtungsformel lautete: „Ich verspreche als Luftwaffenhelfer allzeit meine Pflicht zu tun, getreu und gehorsam, tapfer und einsatzbereit, wie es sich für einen Hitlerjungen geziemt."


Wenige Tage nach dieser Verpflichtung wurden wir klassenweise in Gruppen den Einsatzorten, d. h. den Flakbatterien zugeteilt. Unsere Klasse oder auch nur Einige blieb, weshalb auch immer, noch 2 Wochen länger in der Kaserne und wurden während dieser Zeit im Offizierskasino verpflegt.

Reichsbefeh1 6/43 (1. 2. 1943) - Der Reichsjugendführer

Appell für Luftwaffenhelfer der Hitler-Jugend

Ablauf der Appelle

Die befohlenen Einheiten sowie die zur Einheit zusammengefassten Luftwaffenhelfer treten in Uniform außerhalb des Standortes an und marschieren geschlossen zum Appellplatz. Eine Fahne der Hitlerjugend ist mitzuführen. Ferner ist der Marscheinheit ein Spielmannszug oder Fanfarenzug beizugeben. Während des Marsches werden die Kampflieder der Jugend gesungen. Auf dem Appellplatz formieren sich die Einheiten zu einem offenen Viereck. Die Luftwaffenhelfer stehen entweder innerhalb dieses Vierecks oder bilden dessen Stirnseite. In der Mitte des offenen Vierecks steht der Fahnenträger und zwei Mann. Spielmanns- oder Fanfarenzug werden an der Flanke aufgebaut. Mit einem gemeinsamen Lied („Heilig Vaterland“) wird der Appell eröffnet. Der Führer des Banners bzw. der Standortführer verliest einen Auszug aus der Führerproklamation vom 30. Januar 1943. In wenigen Sätzen verweist er auf den neuen Einsatz, zu dem sich die Luftwaffenhelfer freiwillig bekennen. Im Anschluß daran wird der Tagesbefehl des Reichsjugendführers verlesen. Mit dem Gruß an den Führer und den Liedern der Nation wird der Appell beschlossen. Die Einheiten rücken unter Vorantritt des Spielmanns- bzw. Fanfarenzuges und der Fahne der Hitlerjugend geschlossen ab. Der Marsch durch den Standort endet wieder beim Antreteplatz.

Von Oberst Cohrs - Kommandeur der Köner Luftabwehr - wird erzählt, dass er seine Anspräche zur Vereidigung der Luftwaffenhelder so weit ausdehnte, dass für die Rede der NS-Parteifunktionäre keine Zeit mehr blieb.


Anmerkung:
Um heraus zu finden was aus diesem Kaplan Vollmer geworden ist, wurde eine Anfrage an das Erzbischöfliche Archiv des Erzbistums Köln gestellt. Wie sich heraus stellte, ist dort kein Kaplan Vollmer aus St. Barbara in Köln bekannt. Hier handelt es sich um eine also um eine Verwechslung. Da Herr Falkenstein diese Geschichte aber glaubhaft erzählt, handelt es sich bei diesem Sanitäts-Unteroffiziers Vollmer vielleicht um einen Mitarbeiter aus der Pfarre St. Barbara der die Jugendlichen oder deren Familien kannte. Um seine Bemühungen, die Jungs vor dem Eid auf Hitler zu schützen, zu würdigen, soll diese Geschichte hier erzählt werden.
    
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