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Russisch-Französische
Spionage im Kölner Festungsring? |
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Für Köln - als größte Festung der Preussen auf deutschem Boden - galt ein
sehr strenges Flugverbot um ausländische Spionage zu verhindern. Es durften
z.B. nur Kölner, die ein polizeiliches Führungszeugnis besaßen, mit einem Ballon innerhalb
des Stadtgebiets starten. Beim Start der Ballone waren Polizisten mit auf
dem Platz, um die Papiere der Ballonfahrer kontrollierten. Einem
preussischen Offizier aus einer anderen Garnison wurde z. B. die Mitfahrt in
einem Ballon verboten. Hier ein paar Luftbilder einzelner Festungswerke,
die allerdings von Fliegern der Fliegerstation Butzweilerhof
erstellt wurden.
Zwischenwerk IIb
- Longerich
Fort III -
Mengenich
Fort IV -
Bocklemünd
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Der Nord-westliche Abschnitt des Äußeren
Kölner Festungsring mit dem Bereich von Fort V bis zur
Fliegerstation Butzweilerhof. |
Der Kölner Festungsring hatte gegen den
Feind aus dem Westen zwei Schwerpunkte - die Mengenicher Front und
die Rodenkirchener Front. Diese Schwerpunkte aus Forts,
Zwischenwerken, Infanteriestütz-punkten und vor allem
Artilleriestellungen konnten einen Feind, der aus dem Westen entlang
der Aachenerstraße nach Köln eindringen wollten, von zwei Seiten
unter Feuer nehmen. Damit waren diese Fronten natürlich von
besonderem Interesse für feindliches Militär. |
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Am 23.7.1913 kam es zu einem
Zwischenfall, der weitreichende politisch-militärische Folgen hätte haben
können. Ein Flugzeug mit dem Franzosen Léon Latore am Steuer und der
Russin Lyubov Golanchikova als Navigatorin, flog bei dichtem Nebel über die schwer befestigte
"Mengenicher Front" des westlichen Kölner Festungsrings und landete
innerhalb der Stadt auf einem Acker süd-östlich von Fort V - Müngersdorf. Handelte es sich um Spione die
ausgerechnet im Zielobjekt eine Notlandung absolvieren mussten? Wer war
der Franzose Letore und die Russin Golanchikova? |
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Lyubov Golanchikova
auf dem Flugplatz Berlin-Johannisthal. |
Lyubov Golanchikova wurde 1889 in Viljandi (damals im zaristische
Russland, heute Estland) geboren und war die dritte Frau, die im
zaristischen Russland eine Pilotenlizenz erwarb. Als Golanchikova 1911 mit
dem Fliegen begann, ging sie tagsüber zur Schule sowie zum Flugunterricht
und arbeitete nachts für ihren Lebensunterhalt. Gleichzeitig mit dem Erhalt
ihrer Pilotenlizenz schloss sie auch die weiterführende Schule ab. Im
Lauf ihrer Pilozemkarriere erwarb sie sich einen glänzenden Ruf in der
Beurteilung von Flugzeugen. Flugzeugkonstrukteure, wie der bekannte Anthony
Fokker, baten sie um Rat bei neuen Flugzeugtypen. Fokker lud sie ein im
Herbst 1912 an einer internatio-nalen Flugshow in Berlin-Johannisthal
teilzunehmen. Im Rahmen der Flugshow stellte sie auch einen neuen
Höhenflugrekord auf und löste damit den Höhenflugre-kord von
Melli
Beese, die viele Kölner Piloten als Fluglehrerin unterrichtet hatte.
Während des 1. Weltkriegs flog sie auf russischer Seite Nachschub für das
Rote Kreuz, wechselte aber im November 1917 in eine Aufklärungseinheit der
Zaristischen Luftstreitkräfte. Im Oktober 1923 emigrierte sie mit ihrem
Ehemann Boris Philipoff in die USA. Danach plante sie als erste Frau über
den Atlantk zu fliegen. Leider blieb es nur bei der Planungen. Im Jahr 1930
arbeitet sie im Hotel
The
Ansonia in New York in einem Schönheitssalon. Nach dem Tod ihre Ehemanns
1936 musste Lyubov Golanchikova ihren
Lebensunterhalt als Taxifahrerin in New York verdienen, wo sie 1959 starb.
Über ihr Grab ist nichts mehr bekannt. |
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Der französische Aviateur Léon Letore auf dem
Butzweilerhof |
Nach einem Preisausschreiben am 13. Juli 1913 flog Letort nonstop von
Paris nach Berlin und legte in 9 Stunden und 47 Minuten 920 km zurück. Damit
brach er den Weltstreckenrekord für einen Nonstop-Flug. Der
Morane-Saulnier-Eindecker wurde von einem 80 PS starken
7-Zylinder-Rotationsmotor von Le Rhône angetrieben. Auf der Rückreise, die
am 23. Juli begann, nahm er die estnischen Fliegerin
Lyubov Galantschikova als Navigatorin mit.
Léon Letore starb mit nur 24 Jahren, fünf Monate nach dem
Aufenthalt in Köln, am 10. Dezember 1913. Beim Versuch einen Preis für einen
Langstreckenflug zu gewinnen, überschlug sich die Maschine bei der Landung
in der Nahe von Bordeaux. Aviateur Letore
wurde zu Hause in seinem Heimatdorf
Piré-sur-Seiche in der Bretange beigesetzt. Dort wurde nach ihm auch
eine Straße benannt. |
Auf dem Weg zurück nach
Paris flogen Letore und
Golanchikova von Berlin über Hannover. Aber das Wetter war sehr
schlecht. Vor allem der dichte Nebel macht eine Orientierung fast unmöglich.
Es blieb nur der Instrumentenflug mit Karte und Kompass. Leider sind heute
keine Flugkarten aus diesen Jahren vorhanden. Auf Grund der Bedeutung der
Festung Cöln sowie des damit verbotenen Überflugs müsste aber dieser Bereich
in den Flugkarten markiert gewesen sein.
Die
beiden Flieger wurden freundlich von den Kölnern begrüßt und von der Familie
Walter Schött in der Landgrafenstr. 107 versorgt. Nach einiger Zeit kamen
Soldaten des Luftschifferbataillons Nr. 3 sowie der Fliegerstation Butzweilerhof, der erst drei Monaten vorher in
Dienst gestellt wurde, und brachten die beiden Flieger sowie das Flugzeug
zum Butz.
Anmerkung: zwei Tage vorher, am 22.7.,
startete von der Fliegerstation Butzweilerhof Leutnant August Joly
und sein Begleiter und Beobachter Hauptmann Osius mit einer Rumpler
Taube zu einem Fernflug nach Königsberg/Ostpreußen und zurück. Auf
der Strecke Köln - Berlin - Königsberg (8 Stunden)/ Königsberg -
Berlin - Köln (2500 km) wurde in 17 Stunden, 35 Minuten ein neuer
Rekord auf „Rumpler-Taube“ geflogen. |
Am selben Tag an dem Letore und
Golanchikova in Köln landeten, veröffentlichte der Kölner Stadtanzeiger
einen ausführlichen Artikel über die Landung von Letore und
Golanchikova. |
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Bild oben: Luftbild des Fort V in Müngersdorf
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Bild oben:
Luftbild der Fliegerstation Butzweilerho 1913. Unten im Bild der Bauernhof
Butzweiler Hof. Die beiden Hallen oben wurden später weiter nach Norden an
den Alten Escher Weg versetzt. Die beiden Hallen in der Bildmitte wurden am
Heiligen Abend 1944 durch einen Luftangriff vernichtet. Weitere
Informationen zur Fliegerstation 1913 finden Sie hier:
"Die Fliegerstation Butzweilerhof"
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Bild oben: Innanansicht der Werft der
Fliegerstation im Jahr 1913. Hier im Bild zwei Rumpler Taube. Rechts ohne
Tragflächen. |
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Der
Aufenthaltsraum in der Offiziersmesse der Fliegerstation
Butzweilerhof. |
Nachdem die beiden Flieger mit Ihrem Flugzeug
zum Butzweilerhof gebracht wurden, konnten sie sich erste einmal ausruhen
und natürlich auch ihr Flugzeug warten. Mit großer Wahrscheinlichkeit
warteten sie auch auf besseres Wetter. Wahrscheinlich gabe es auch
Fachsimpeleien mit den deutschen Piloten. Schließlich war Golanchikova in
Berlin eine anerkannte Pilotin, die auch von Flugzeugkonstrukteuren wie
Anthony Fokker um Rat gefragt wurde. Dass die beiden dort eine
Platzrunde drehten ist sehr unwahrscheinlich. Schlechtes Wetter und vor
allem das Überflugverbot der Festung Cöln für nichtautorisiertes Personal
machten dies unmöglich.
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Nach den Tagebucheintragungen sind die beiden
diese Route über der Festung Köln geflogen:
- Flugroute über den Festungsring von Düsseldorf
kommend (BLAU)
- lt. Grevens Adressbuch Adresse der Familie
Walter Schött in der
Landgrafenstraße 107 (ROT)
- wahrscheinlich
Transport des Flugzeugs mit LKW über den Militärring zur Fliegerstation.
(GRÜN)
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Soldaten der Fliegerstation |
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Der nord-westliche Abschnitt des Äußeren
Kölner Festungs-ring mit dem Bereich von Fort V bis zur
Fliegerstation Butzweilerhof. |
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Léon Letore und
Lyubov Golanchikova vor ihrem Flugzeug auf der Fliegerstation
Butzweilerhof bereit für den Start. |
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Léon Letore und
Lyubov Golanchikova im Flugzeug kurz vor dem Start nach Paris
von Köln Butzweilerhof aus. |
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Am Samstag Morgen des 26. Juli 1913
ging es dann von der Fliegerstation Butzweilerhof mit einer aufgetankten
Maschine über Lüttich nach Paris. Das Wetter war immer noch extrem schlecht
- vor allem für solche leichten Flugzeuge. Allerdings war die Landung alles
andere als sanft. Was heute ein normaler angenehmer Linienflug ist,
war damals ein gefährliches Abenteuer. Léon Letore und
Lyubov Golanchikova haben diese Flüge gewagt. Am folgenden Montag
berichtet der Kölner Stadtanzeiger über die Landung in der Nähe von Paris. |
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Heute erinnert leider kaum noch etwas
an die vielen mutigen Pioniere der Luftfahrt. Fliegen ist zu einer
Selbstverständlichkeit geworden. |
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